Positionen des DBR zum Regierungsentwurf des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Am 23. September 2020 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts beschlossen. Der DBR hat zuletzt im April 2019 seine Kernforderungen veröffentlicht. Er begrüßt ausdrücklich, dass nach einem umfassenden und detailreichen Beteiligungsprozess des BMJV nun ein Gesetzesentwurf vorliegt, der Verbesserungen für die Selbstbestimmung rechtlich betreuter Menschen mit sich bringt.

Folgende 3 Regelungen begrüßt der DBR ausdrücklich:

- Wünsche beachten und mehr Unterstützung vor Stellvertretung:

1. Betreuer*innen, Richter*innen, Rechtspfleger*innen und Verfahrenspfleger*innen sind angehalten, die Wünsche der rechtlich betreuten Personen festzustellen und diese als Richtschnur für ihr Handeln zu nehmen. Die Wünsche der Betreuten sind künftig Leitlinie allen betreuungsrechtlichen Handelns. Auch die Klarstellung der Unterstützungsfunktion rechtlicher Betreuer*innen begrüßt der DBR ausdrücklich.

2. Der DBR befürwortet, dass die Betreuungsgerichte bei der Auswahl einer Berufsbetreuer*in auch Umfang und Zahl der bereits geführten Betreuungen berücksichtigen müssen. Zu oft erleben Betroffene, dass ihre Betreuer*innen aufgrund einer sehr hohen Auslastung keine Zeit für den erforderlichen persönlichen Kontakt haben und statt der gebotenen Unterstützung, die Angelegenheiten des Betreuten lieber selbst erledigen.

3. Der DBR begrüßt die geplanten Registrierungsvoraussetzungen für Berufsbetreuer*innen. Bisher wurden keine konkreten gesetzlichen Anforderungen an die persönliche oder fachliche Eignung und Zuverlässigkeit einer Berufsbetreuer*in oder Mindestanforderungen an ihre Sachkenntnisse gestellt. Das soll sich künftig ändern. Berufsbetreuer*innen sollen dann der zuständigen Stammbehörde nachweisen müssen, dass sie vertiefte Kenntnisse des Betreuungs- und Unterbringungsrechts, des dazugehörigen Verfahrensrechts, der Personen- und Vermögenssorge, Kenntnisse des sozialrechtlichen Unterstützungssystems, Kenntnisse der Kommunikation mit Personen mit Erkrankungen und Behinderungen sowie von Methoden zur Unterstützung bei der Entscheidungsfindung haben.

Zur Umsetzung der UN-BRK hält der DBR jedoch folgende fünf Änderungen am vorliegenden Gesetzesentwurf für dringend geboten:
- Stellvertretung begrenzen: Die Vertretungsbefugnis rechtlicher Betreuer*innen im Außenverhältnis ist zu begrenzen. Überdies sind neue Methoden zur unterstützten Entscheidungsfindung zu entwickeln und mit Modellprojekten zu erproben.

- Einbezug Betreuter in die gerichtliche Kontrolle: Rechtlich betreute Personen sind qualitativ an der Kontrolle der rechtlichen Betreuung zu beteiligen: Hierfür sind von der rechtlichen Betreuer*in entsprechende Angaben im Jahresbericht, z.B. über die Nutzung des Stellvertretungsrechts, zu verlangen. Überdies ist der Jahresbericht immer dem/der Betreuten zu übermitteln. Daneben sind Betreute grundsätzlich bei allen wichtigen Entscheidungen, wie z. B. der Aufgabe von Wohnraum oder bei Regelungen den Umgang mit bestimmten Personen betreffend, vom Betreuungsgericht anzuhören.

- Niederschwellige Beratungsstellen für Betreute: Schließlich sind für rechtlich betreute Personen unabhängige Beratungs-, Beschwerde- und Anlaufstellen einzurichten, damit sie sich während einer rechtlichen Betreuung beraten lassen, informieren und gegebenenfalls beschweren können.

- Aufgabe der Differenzierung zwischen ehrenamtlichen Fremd- und Angehörigenbetreuer*innen: Angehörigen- und Fremdbetreuer*innen sind gleich zu behandeln. Sie sollten gleiche Rechte und Pflichten haben. Die Qualität von Betreuungen jeder Art ist gleichermaßen zu sichern.

- Bundesweite Einführung des Verfahrens der "erweiterten Unterstützung": Um die Bestellung nicht erforderlicher Betreuungen zu vermeiden, sollte das Verfahren der erweiterten Unterstützung durch die Betreuungsbehörden in allen Bundesländern etabliert werden.

- Sicherstellung einer barrierefreien und adressatengerechten Kommunikation während des gesamten betreuungsgerichtlichen Verfahrens: Betroffene sollten vor dem betreuungsgerichtlichen Verfahren in einem persönlichen Gespräch über das Verfahren aufgeklärt werden. Informationsmaterial in einfacher Sprache ist nicht ausreichend. Aber auch während des Verfahrens muss sichergestellt werden, dass mit den Betroffenen adressatengerecht kommuniziert wird.

- Begrenzung der Dauer rechtlicher Betreuungen: Die Höchstfristen für Betreuungen sind auf maximal fünf Jahre zu verkürzen, so dass Betreuungen früher und regelmäßiger überprüft werden. Betreuungen, die gegen den Willen der Betroffenen angeordnet oder verlängert werden, sind nach spätestens zwei Jahren zu überprüfen.

Berlin, den 12. November 2020


 DBR-Positionspapier zum Regierungsentwurf Reform des Betreuungsrechts 12.11.2020 (236 KB)


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