Berlin, 11. Mai 2016
"Einige Vorschläge des DBR und seiner Mitgliedsverbände sind in die Neufassung des Behindertengleichstellungsgesetzes eingeflossen. Das erkennen wir an, sind aber mit dem Gesamtbild unzufrieden, da insbesondere beim Abbau von Barrieren die Privatwirtschaft nicht in die Pflicht genommen wird." Das erklärt Ulrike Mascher, Sprecherratsvorsitzende des DBR und Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, anlässlich der morgigen zweiten und dritten Lesung der Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes im Bundestag.
Für den DBR muss auch die Privatwirtschaft ihren Beitrag zur Barrierefreiheit leisten, damit künftig Menschen mit Behinderung vor weniger Hürden stehen. "Es ist zwar richtig, dass der Bund seine eigenen Institutionen und die Sozialleistungsträger zu Barrierefreiheit verpflichtet, aber die Menschen nutzen nun einmal im Alltag private Geschäfte, Gaststätten, Kinos und Arztpraxen viel häufiger als Bundesministerien und -behörden", erklärt Mascher. Auch gibt es zum Beispiel beim wichtigen Thema der barrierefreien Informationstechnik zu wenig Fortschritt im Gesetz. Die Novelle droht zu einem Spartengesetz zu werden. Vom Anspruch, Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen und für alle Menschen mit Behinderung herzustellen, ist der Entwurf weit entfernt.
"Ausnahmen darf es generell nicht geben. Mit der Metallrampe vor Geschäften ist es nicht getan. Insbesondere die private Wirtschaft kann von digitaler Barrierefreiheit profitieren. Potenzielle Kunden wie beispielsweise Sehbehinderte und Blinde können am e-Commerce nicht teilnehmen. Ein Umdenken der Privatwirtschaft erschlösse ihr neue Kunden und würde den Alltag der Betroffenen erheblich erleichtern, insbesondere bei Arztpraxen und anderen Gesundheitsdienstleistern. Wir brauchen eine Barrierefreiheit im umfassenden Sinn. Ohne fremde Hilfe muss allen alles zugänglich sein", betont die DBR-Sprecherratsvorsitzende.
Außerdem lässt die Novellierung die Verbände behinderter Menschen bei der Durchsetzung von Zielvereinbarungen und Klagen bei Verstößen im Regen stehen. Ressourcen und Befugnisse der Verbände müssen daher deutlich gestärkt werden.
"Letztlich bleibt die Gesetzesnovelle hinter unseren Erwartungen und Vorschlägen zurück. Barrieren abzubauen ist für Menschen mit Behinderung essenziell. Und für alle wichtig, wenn wir zum Beispiel an Ältere oder Menschen, die zeitweise in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, denken. Der DBR appelliert an den Gesetzgeber, dass die notwendigen Änderungen, die die Verbände behinderter Menschen gefordert haben, in das Gesetz aufgenommen werden. Darüber hinaus sollte sich unser Denken auch über die physischen Hürden hinaus bewegen. Es gibt immer noch zu viele Barrieren in den Köpfen gegenüber Menschen mit Behinderung", kritisiert Mascher.