Berlin, 17.07.2017.
Noch immer stoßen Menschen mit Behinderungen überall in Europa im Alltag auf viele Barrieren: beim Bahn- oder Luftverkehr, an Geld-, oder Fahrausweisautomaten, beim elektronischen Handel oder bei der Kommunikation. Daher ist es dringend notwendig, eine gesamteuropäische Richtlinie für den barrierefreien Zugang zu den Produkten und Dienstleistun-gen des europäischen Binnenmarktes zu beschließen.
Anlässlich des gesetzgebenden Prozesses zur Schaffung einer solchen Richtlinie fordert der Deutsche Behindertenrat das europäische Parlament deshalb auf, "sich stärker am ursprünglichen Entwurf der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2015 für ein europäisches Gesetz zur Barrierefreiheit (European Accessibility Act – EAA) zu orientieren". Denn dieser Entwurf legt wesentlich engere Kriterien für den Zugang zum europäischen Binnenmarkt fest als der aktuelle Berichtsentwurf zum EAA, der am 25. April 2017 vom Binnenmarkt- und Verbraucherschutzkomitee (IMCO) des Europäischen Parlaments verabschiedet wurde.
"Barrierefreiheit für Produkte und Dienstleistungen ist eine wesentliche Voraussetzung, damit alle Menschen gleichberechtigt am politischen und gesellschaftlichen Leben partizipieren können", erklärt Hannelore Loskill, DBR-Sprecherratsvorsitzende und Vorstandsvorsitzende der BAG SELBSTHILFE. "Es bedarf deshalb klarer Zugangskriterien, um ein Mindestmaß an Barrierefreiheit zu garantieren. Dazu zählt die Sicherstellung des barrierefreien Zutritts zu Bankgebäuden, Bahnhöfen usw. ("Built Environment"), in denen allen Menschen mit Behinderungen zu-gängliche und benutzbare Bank- und Fahrkartenautomaten aufgestellt werden. Der aktuelle Berichtsentwurf des Binnenmarkt- und Verbraucherschutzkomitees empfiehlt, diese Zusicherung der Zugänglichkeit zu Gebäuden aus dem EEA – Entwurf zu streichen und schwächt damit den ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission in seinen Kernvorschriften. Diese Aufweichung des Kommissionsentwurfs von 2015 für eine Richtlinie der Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (EAA) kann seitens des Deutschen Behindertenrates nicht akzeptiert werden!", stellt Hannelore Loskill klar. "Das Komitee verkennt, dass mit einer europaweiten Vereinheitlichung von Zugänglichkeitskriterien nicht nur die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen erleichtert werden, sondern auch das Funktionieren des Binnenmarktes verbessert wird", führt Hannelore Loskill weiter fort.
"Es ist notwendig, einen klaren rechtlichen Rahmen zu entwickeln, um allen Akteuren einen Handlungsrahmen zu geben, ihren Verpflichtungen gerecht zu werden und ihre Innovationskraft zur Inklusion aller Nutzergruppen einzusetzen", so Hannelore Loskill.
Vor diesem Hintergrund bestärkt der Deutsche Behindertenrat eine Erarbeitung des European Accessibility Acts, welcher die Bedarfe der Konsumenten nach barrierefreien Gütern und Dienstleistungen auf dem europäischen Binnenmarkt unterstützt.
Gemeinsam mit dem Europäischen Behindertenforum appelliert der Deutsche Behindertenrat an die Vollversammlung des Europäischen Parlaments "im Gesetzgebungsprozess sowohl im Sinne der Interessen von 80 Millionen Menschen mit Behinderungen als auch aller Verbraucher von Dienstleistungen und Produkten im Bereich Barrierefreiheit zu agieren und zu entscheiden", so die DBR- Sprecherratsvorsitzende Hannelore Loskill.